Am Anfang war das WOW: Wie du deine Leser von den Socken haust
„Dieses Buch hat mich geflashed“, „Ich konnte es nicht mehr aus der Hand legen!“ oder „Wahnsinn, was für ein Buch!“ sind Aussagen, die sich wohl geschätzte 90 % aller Autoren wünschen würden, wenn es um ihre Bücher geht. Hier ein paar Ideen, wie du das erreichen kannst.
Ein normales Buch
Die Leserealität in meiner Welt sieht meistens so aus:
Man greift ins Regal (ins echte oder virtuelle) und entscheidet sich aus irgendwelchen Gründen dazu, ein bestimmtes Buch lesen zu wollen (das kann ein toller Titel, das Cover, die Beschreibung, eine Rezension, eine persönliche Empfehlung oder die Leseprobe gemacht haben). Die Sofakissen werden zurechtgerückt, man macht sich einen Tee oder Kaffee und beginnt die Reise in eine unbekannte Welt (unabhängig davon, ob es jetzt Fantasy ist oder nicht).
Wir begleiten einen Helden oder eine Heldin bei ihrem Kampf gegen etwas oder bei einer Mission. Es werden ihr Steine in den Weg gelegt, die sie umgehen muss. Sie verliert an irgendeinem Punkt alles, was sie hat, entwickelt sich in ihrer Persönlichkeit weiter, besiegt dann doch den Feind und am Ende sind wir in der Regel zufrieden mit dem Ausgang der Geschichte.
Wir klappen das Buch oder den Reader zu und denken vielleicht noch ein bisschen an die Geschichte, wenn wir uns wieder unseren Tagesaufgaben zuwenden.
Bleibt dieses Buch im Kopf? Vielleicht.
Hatte dieses Buch einen WOW-Effekt? Eher nicht.
Ein Buch mit WOW-Effekt
Es gibt Bücher, bei denen wünscht man sich später, sie nochmal zum ersten Mal lesen zu können, weil sie einen so umgeworfen haben. Bei mir sind das natürlich die Harry-Potter-Bücher (wie schön wäre es, noch einmal zum ersten Mal in diese Welt eintauchen zu können!!!), aber es gibt Hunderte, vielleicht Tausende weitere Beispiele.
Man setzt sich auch mit diesem Buch hin und beginnt, es so zu lesen wie jedes andere Buch. Auch hier hat man einen Helden oder eine Heldin und auch sie muss sich gegen etwas durchsetzen.
Aber etwas ist anders.
Ein Wow!-Buch ist wie ein Schokoladenkuchen mit flüssigem Kern
Was dieses Buch zu einem „Wow!“-Buch machen kann, ist nicht in einem Satz erklärbar, außerdem ist es auch nicht pauschalisierbar. Was mir ein „Wow!“ entlockt, bringt jemand anderen nicht einmal zum Lächeln. Dennoch möchte ich dir ein paar Tipps geben, was ein Wow-Buch anders macht. Wir besprechen hierbei verschiedene Ebenen, die alle zusammengenommen das große Ganze ausmachen. Stelle es dir wie einen Schokoladenkuchen mit flüssigem Kern vor (oder wie Schoko-Muffins, die mag ich nämlich noch lieber ?).
Was diesen Muffin so wunderbar macht, ist die Kombination aus verschiedenen Ebenen:
• er sieht lecker aus, weil er nicht nur eine schöne Verpackung hat, sondern auch noch mit Sahnhäubchen und Streuseln bedacht wurde,
• die Sahne schmeckt alleine schon lecker, aber in Kombination mit der Schokolade noch viel mehr,
• der Muffin ist umhüllt von einem festen Teig,
• aber innen drin ist der Schokoladenkern flüssig und noch warm
Wie hilft uns das jetzt bei unserem Buch? Ganz einfach: Ich empfehle dir, deine Buchprojekte wie einen Schokomuffin aufzubauen: Sorge für einen warmen, leckeren, flüssigen Kern, einen festen Teig, die richtigen Zutaten, Sahne, Streusel und eine gute Verpackung.
Frage dich selbst: Wie kann ich mein Buch zu einem WOW-Buch machen?
Hier meine Schoko-Metapher in Buchsprache:
Entwickle eine fantastische, begeisternde, umwerfende Geschichte auf Verlagsniveau. Wähle die passenden Marketingkanäle. Sorge für ein aufmerksamkeitsstarkes Cover, einen sehr guten Klappentext und ein gutes Aussehen. Sei präsent. Denke groß. Vernetze dich. Bilde eine Fangemeinschaft. Baue alles aus.
WOW-Idee: Eine begeisternde Geschichte
( = der flüssige Kern)
In meinem Marketingkurs sehe ich manchmal, dass sich manche Autoren beim Backen ihrer Muffin-Bücher zuerst mit den Streuseln beschäftigen und sich gar nicht fragen, ob ihr Schokokern überhaupt flüssig ist – wenn es denn überhaupt einen Schokokern gibt. Heißt: Sie fragen sich, wie sie ihr Buch mittels Marketing bekannt machen und an möglichst viele Menschen verkaufen können, ohne vorher geprüft zu haben, ob sie eine wirklich gute Geschichte erfunden haben.
Nun verkaufen sich natürlich auch schlechte Geschichten oft sehr gut und viele gute Geschichten werden nicht gesehen, aber dieses vorgeschobene Argument lasse ich nicht mehr gelten.
[Tweet „Nimm dir vor, eine großartige Geschichte zu schreiben und sorge dafür, dass du dieses Ziel erreichst!“]
Alleine dieser Punkt kann dir helfen, völlig neue Erfolgserfahrungen zu machen.
Eine großartige Geschichte ist nicht einfach nur nett zu lesen oder ein Zeitvertreib. Setze dir höhere Ziele als „Ich will meinen Lesern eine schöne Zeit bereiten“.
Reicht dir das wirklich?
Persönlicher Einwurf: Mir reichte das lange Zeit. Mein Ziel bei meinem ersten Buch war, es überhaupt fertig zu stellen (an verkaufen war gar nicht zu denken). Mit meinem zweiten Buch wollte ich Bräuten, die ein ähnliches Hochzeitschaosjahr hinter sich hatten wie ich, eine Freude bereiten. Mein drittes Buch sollte dann schon etwas bewirken: Eine gute Zeit mit ein bisschen was zum Nachdenken.
So steigerte sich der Anspruch an mich und meine Bücher. Heute – und das ist erst eine Entwicklung der letzten vier, fünf Monate – greife ich mit meinen Bücher nach den Sternen. Ich will nicht nur unterhalten, ich will süchtig machen. Etwas bewegen. Fesseln. Ich will, dass meine Leser ihre Bushaltestelle verpassen, weil sie meine Bücher lesen. Dass sie todmüde auf der Arbeit in den Seilen hängen, weil sie meine Bücher nicht aus der Hand legen konnten. Sie sollen aus meinen Büchern lernen, Anregungen zum Nachdenken mitnehmen und den Wunsch bekommen, das gleiche Buch wieder und wieder zu lesen.
Ich sage nicht, dass ich schon so weit bin. Aber ich kenne nun mein nächstes Ziel und weiß, worauf ich hinarbeiten will.
Um das zu erreichen, ist es nicht genug, ein gutes Marketing zu betreiben. Ich möchte an dieser Stelle David Ogilvy zitieren:
[Tweet „Großartiges Marketing lässt ein schlechtes Produkt nur noch schneller scheitern. (David Ogilvy)“]
Wir brauchen ZUERST ein gutes Produkt. Eine Geschichte, die bewegt, erschüttert, aufrüttelt, zum Weinen bringt oder uns Lachkrämpfe bereitet.
Wenn du keine Ahnung hast, wie du das schaffen sollst, dann rate ich dir, dich in den kommenden Wochen noch intensiver mit Schreibtechniken, Romanaufbau, Textgestaltung, Schreibstil, Dialoggestaltung und so weiter zu beschäftigen.
Diese Leitfragen können dir helfen, eine richtig gute Geschichte zu kreieren:
• Würde mich diese Geschichte umhauen, wenn ich sie zum ersten Mal lesen würde?
• Bei Sachbüchern: Löst dieses Buch ein Problem auf ungewöhnliche Art und Weise? Gibt es neue Sichtweisen, ungewöhnliche Perspektiven, einen unkonventionellen Ansatz?
• Übersteigt die Geschichte die Erwartungen des Lesers? Wenn nein: Was müsste passieren, damit sie es tut?
Überraschungen / Twists
Was eine Leserschaft am Ball hält, sind Überraschungen (Ausnahmen bestätigen die Regel – ich komme gleich darauf zurück). Wenn man sich kaum über eine Geschichte unterhalten kann, ohne ständig etwas Wichtiges zu spoilern, ist das ein gutes Zeichen.
Beispiele (Achtung, Spoiler zu Star Wars, Harry Potter und The Game)
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[su_spoiler title=“Twist bei „Star Wars““ style=“fancy“]Bevor es darüber unendlich viele Parodien gab, war es eine riesige Überraschung, dass der mächtige Antagonist in „Star Wars“ – Darth Vader himself – der Vater des Protagonisten Luke Skywalkers war.[/su_spoiler]
[su_spoiler title=“Twist bei „Harry Potter““ style=“fancy“]– Severus Snape ist eine Figur, über die man bis zum letzten, siebten, Band der Serie, nicht weiß, ob er zu den Guten oder den Bösen gehört. Die komplexe Hintergrundgeschichte der Figur wird über die ganze Reihe entflochten und setzt sich gekonnt zu einer logischen Handlung zusammen, sodass man alle 7 Bände noch einmal mit dem neuen Wissen lesen will, da sich jetzt jede Szene mit Snape in einem anderen Licht darstellt. [/su_spoiler]
[su_spoiler title=“Twist bei „The Game““ style=“fancy“]– Im Film „The Game“, der sehr sehenswert ist, gibt es am Ende einen unerwarteten Twist. Wenn du den Film noch nicht gesehen hast, klappe JETZT diesen Spoiler wieder ein und plane für heute oder morgen einen Videoabend ein.
Für alle anderen:
Der Protagonist, ein Workaholic ohnegleichen, bekommt zum Geburtstag ein Ticket geschenkt, das ihn zum Spiel seines Lebens einlädt; einem Spiel, das er so schnell nicht vergessen wird. Er durchlebt einen Albtraum nach dem anderen, sodass man als Zuschauer ernsthaft glaubt, dass aus dem angeblichen Spiel Ernst geworden ist und der Protagonist um sein Leben fürchten muss. Er bringt aus Versehen seinen Bruder um und begeht danach Selbstmord – überlebt allerdings, denn es war wirklich alles nur ein Spiel! Sein Bruder ist wohlauf, es ist alles nach Plan verlaufen. Dem Protagonisten sollte ein so riesiger Schrecken eingejagt werden, dass er künstlich an den Tiefpunkt seines Lebens gebracht wird, um zu erkennen, dass er sich und sein Leben ändern muss, wenn er nicht wie sein Vater enden will. [/su_spoiler]
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Ist es nicht erstrebenswert, eine Geschichte zu erfinden, die deine Leser umhaut?
Ich sage nicht, dass du keinen Erfolg haben wirst, wenn du es nicht tust. Das wäre ja auch glatt gelogen, denn es gibt ja viele Autoren, die mit durchschnittlichen Geschichten ziemlich erfolgreich sind.
Wo willst du dich positionieren? Wofür willst du stehen? Wie soll man über dich als Autor/in denken? Es liegt in deiner Hand, diese Meinung zu formen!(!!!)
Ich komme noch einmal auf die Ausnahme zurück: Warum lesen Millionen Menschen Heftromane, die alle nach Schema F ausgebaut sind? Weil sie sich sicher sein können, dass ihre Erwartungen erfüllt werden.
In unserer Zeit ist Aufmerksamkeit ja quasi zu einer Art Zahlungsmittel geworden. Man muss sich seine Lese-Zeit richtiggehend freikämpfen und als Leser greift man ungerne zu unbekannten Autoren, weil man Angst hat, enttäuscht zu werden. Man möchte kein Buch kaufen, das sich nicht lohnt. Wenn ich als Leser also schon beim Klappentext in etwa weiß, worauf die Geschichte hinauslaufen wird, kann ich „beruhigt“ das Buch kaufen und mir relativ sicher sein, dass ich eine gute Zeit haben werde.
Dagegen ist nichts einzuwenden. Ich bin nur der Meinung, dass die Welt mehr GROSSARTIGE Geschichten braucht, die mich als Leser atemlos oder emotional vollkommen erfüllt zurücklassen. Sollte es nicht unser Anspruch als Schriftsteller sein, etwas in der Welt zu bewegen?
Du kannst anderer Meinung sein, aber ich sehe das so.
Lust auf weitere Wow-Ideen?
Dann schau dir mal meinen WOW-Kurs an. Bei ihm lernst du Schritt für Schritt, wie du lebendige Figuren erschaffst, deinen Roman plottest und deinen Stil schon während des Schreibens verbesserst.
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Michael
Hallo Annika,
das sind recht neue Töne von dir, oder?
Jedenfalls hat es mich gefreut, das von dir zu lesen und wenn ich könnte, würde ich dir einen Stern vom Himmel pflücken.
Liebe Grüße
Michael
Annika
Hallo Michael,
wie kommst du drauf?
Danke für den Stern 😉
Wie geschrieben, ist das ein Ergebnis der letzten Monate. Die Grundsätze haben sich allerdings nicht geändert: Qualität war noch nie ein Garant für Erfolg, aber trotzdem immer von mir präferiert 🙂
Liebe Grüße
Annika