„Und wenn er es nicht schafft?“ – Wie du den Leser in Atem hältst
Hast du schon mal einen Roman gelesen, in dem nicht so richtig Spannung aufkommen wollte? Und hast du einen anderen Roman gelesen, den du nicht mehr aus der Hand legen konntest?
Es gibt viele Faktoren, die den Unterschied zwischen diesen beiden Ergebnissen beeinflussen. Ein wichtiger dabei ist, dass es dem Leser wichtig ist, ob der Held sein Ziel erreicht.
Der folgende Text ist ein Auszug aus dem demnächst zugänglichen Onlinekurs „Mach dein Buch zu einem WOW“. Ich finde die Lektion sehr wichtig, weshalb ich dich gerne schon jetzt daran teilhaben lasse:
Was passiert, wenn die Figur ihr Ziel nicht erreicht?
Das Problem der fehlenden Fallhöhe ist ein so häufiges, dass dieses Thema eine eigene kurze Lektion verdient.
Wie du weißt, hat jede Figur in deinem Roman ein Ziel (= „Want“) und eine ungestillte Sehnsucht („Need“), die sich idealerweise entgegenstehen. Es reicht jedoch nicht aus, diese beiden Faktoren zu kennen. Sie müssen für Figur und Leser auch relevant sein.
„Ist mir egal“
Das Schlimmste, was dir als Autor passieren kann, ist, dass dem Leser egal ist, ob der Held sein Ziel erreicht oder nicht. Das ist im Übrigen der Punkt, woran sehr viele Geschichten scheitern, insbesondere im Bereich der Liebesromane: Es ist manchmal schlichtweg nicht besonders wichtig, ob sich die beiden Liebenden kriegen oder nicht.
Wenn das in deinem Roman passiert, klappt der Leser das Buch zu oder schaltet das Gerät aus und vergisst dich und deine Figuren. Schlimmer noch: Er wird vermutlich nie wieder etwas von dir lesen.
Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass der Leser ebenfalls will, dass der Held sein Ziel erreicht! Um das zu wissen, muss klar sein, was auf dem Spiel steht.
Und wenn er es nicht schafft?
Frage dich schon bei der Erstellung deiner Figuren, was passieren würde, wenn er/sie das gesteckte Ziel nicht erreicht und was passiert, wenn er/sie das Need nicht stillen kann. Die Konsequenzen müssen gravierend sein, damit der Leser Anteil nimmt.
Hier ein paar Beispiele:
Gut: Eigener Tod
Wenn der Held nicht rechtzeitig das Rätsel des Antagonisten löst, wird er sterben.
Wenn der Held den Antagonisten nicht rechtzeitig findet, wird er sterben.
Wenn der Held das falsche Kabel durchschneidet, wird er sterben.
Besser: Tod anderer Figuren
Wenn der Held sich nicht selbst opfert, wird sein ganzes Volk vernichtet.
Wenn der Held das Rätsel des Antagonisten nicht löst, stirbt seine Geliebte.
Wenn der Held das falsche Kabel durchschneidet, stirbt seine Tochter.
Es muss nicht immer der Tod am Ende stehen, obwohl das meistens die höchste Spannung mit sich bringt und das Leben in den allermeisten WOW!-Romanen auch auf dem Spiel steht. Wenn du aber einen Roman schreibst, in dem niemand sterben soll, dann muss dem Leser klar sein, was es für den Protagonisten bedeutet, wenn er sein Ziel nicht erreicht (plus: dir als Autor/in muss auch klar sein, was es für den Antagonisten bedeutet, wenn er sein Ziel nicht erreicht!).
Gut: Die Figur ist unglücklich
Wenn der Held seiner Geliebten seine Liebe nicht gesteht, wird er unglücklich sein.
Wenn der Held den Mord nicht aufklärt, wird er nicht befördert.
Wenn der Held das sagenumwobene Schwert nicht aus der Drachenhöhle holt, wird er die Prinzessin nicht heiraten dürfen.
Besser: Die Existenz der Figur ist bedroht
– Wenn der Held seiner Geliebten seine Liebe nicht gesteht, wird sein Leben keinen Sinn mehr haben und zu einem endlosen Brei grauer Masse mit Dauerregen ohne Regenbogen. Er wird vereinsamen, nie wieder einen glücklichen Gedanken fassen und sich niemals von seinem Herzschmerz erholen.
– Wenn der Held den Mord nicht aufklärt, verliert er seinen Job und kann seine Schulden nicht zurückzahlen, wird aus einer Wohnung fliegen, dem Alkohol wieder zusprechen, obwohl er doch trocken ist, sich selbst verletzen, in Selbstmitleid versinken und zu dem werden, was er immer vermeiden wollte.
– Wenn der Held das sagenumwobene Schwert nicht aus der Drachenhöhle holt, wird der Antagonist an die Weltmacht kommen und dafür sorgen, dass der Held auf ewig in Knechtschaft leben muss.
Ich denke, die Idee wird klar: Sorge dafür, dass mehr auf dem Spiel steht, wenn der Held sein Ziel verfehlt! Das gilt im Übrigen für jede Szene, die du schreibst. Ein Punkt auf deiner Überarbeitungsliste sollte immer lauten: Steht genug auf dem Spiel?
WOW-Tipp: Fallhöhe immer weiter erhöhen
Du musst nicht gleich zu Beginn mit der Todeskeule ausholen. Im Verlauf deines Romans sollte es immer wieder Szenen geben, die zwar nicht lebensbedohlich sind, aber dennoch wichtige, einschneidende Konsequenzen haben, wenn der Held sein Ziel nicht erreicht. In der Case Study kannst du am Beispiel von Harry Potter Band 1 nachlesen, wie man das praktisch umsetzt (Anmerkung: Die Case-Study wurde an die Newsletter-Empfänger versandt und ist ansonsten nur im Kurs einsehbar. Dort ist beschrieben, welche Fallhöhen in den einzelnen Kapitel von „Harry Potter und der Stein der Weisen“ gegeben ist und wie sie sich über die Kapitel verändert).
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