Interview mit Textehexe Susanne Pavlovic
Heute freue ich mich ganz besonders, euch meine Lektorin vorzustellen 🙂 Susanne Pavlovic ist im Netz als die „Textehexe“ bekannt. Sie hat meine Romane lektoriert, die ich als Selfpublisherin herausgebracht habe, und viele Romane erfolgreicher anderer Schriftstellerinnen und Schriftsteller liefen über ihren Tisch.
Wie wird man Lektorin und kann man davon leben? Susanne verrät es.
Bitte stelle dich kurz vor. Wer bist du, was machst du?
Mein bürgerlicher Name ist Susanne Pavlovic, im Netz bin ich als Textehexe bekannt. Ich bin Jahrgang 1972; meinen ersten Roman habe ich in den frühen Neunzigern geschrieben und zum Glück nicht veröffentlicht – er war grottig 😉 Ich bin haupt- und freiberufliche Lektorin, Schreibcoach und Schriftstellerin. In meiner spärlichen Freizeit teile ich die Hobbys meines Hundes: Essen, Schlafen und Spazierengehen.
Lebst du vom Schreiben?
Nein, ich lebe nicht vom Schreiben. Das Schreiben ist eine von vier Säulen, auf denen meine wirtschaftliche Existenz ruht. Die anderen drei sind die Einzelbetreuung von Autoren (mittels Lektorat oder/und Coaching), außerdem halte ich Online-Kurse über verschiedene Aspekte des Kreativen Schreibens, und gelegentlich übernehme ich Aufträge für Werbetexte, Pressemitteilungen, Info-Flyer und Ähnliches.
Auch die Säule „Schreiben“ beinhaltet nicht nur meine Romane. Gelegentlich schreibe ich Sach- und Fachtexte oder Beiträge für die Autorenzeitschrift Federwelt.
Wie kam es dazu?
Über viele Jahre lief die Beschäftigung mit der Literatur und auch die Veröffentlichung einiger Romane nebenher. Ich hatte die verschiedensten „Brotberufe“. Lektoratsarbeiten habe ich zunächst ehrenamtlich für einen Kreis befreundeter Autoren übernommen. Vor einigen Jahren begann ich dann, diese Dienstleistung nebenberuflich anzubieten. Dabei bemerkte ich drei Dinge:
- a) Da gibt es einen Markt!
- b) He, ich bin richtig gut!
- c) Jetzt oder nie.
Warum hast du dich entschieden, als Lektorin Fuß zu fassen, und es nicht ausschließlich als Schriftstellerin zu probieren?
Ich habe immer schon geschrieben, ich habe mich aber auch immer schon auf eine analytische Art mit Literatur beschäftigt – ich habe sie also nicht nur selbst zusammengebaut, sondern sie genauso gerne „zerlegt“. Zu begreifen, wie Texte funktionieren (oder warum sie es nicht tun), begeistert mich mindestens so sehr wie der kreative Akt des Schreibens. Zu schreiben und zu lektorieren erlaubt es mir, beiden Leidenschaften zu frönen. Wäre ich eine reine Schriftstellerin, würde mir eine Herausforderung fehlen.
Dazu kommt, dass ich mich als Dienstleisterin „in der zweiten Reihe“ sehr wohl fühle. Mitzuverfolgen, wie eines „meiner“ Projekte erfolgreich durchstartet, macht mich richtig, richtig glücklich.
Nur vom Schreiben bzw. Veröffentlichen der eigenen Romane zu leben, stellt hohe Anforderungen an das vertriebliche Talent der Autorin.
Man sollte außerdem nicht gerade Nischenliteratur schreiben, sondern ein breites Publikum bedienen. Die Vertriebsarbeit macht mir nicht besonders viel Spaß. Statt die Werbetrommel zu rühren, damit mehr Leute meine Bücher kaufen, befasse ich mich tatsächlich lieber mit dem Text eines anderen Autors / einer anderen Autorin.
Welche Ängste hattest du vor dem Schritt, freiberufliche Lektorin sein?
Um ehrlich zu sein, keine. Als ich den Schritt in die Selbständigkeit wagte, hatte ich ja schon sehr viel Erfahrung und positives Feedback. Ich hatte außerdem einen gut durchdachten „Masterplan“ und habe mir eine Menge Beratung geholt. Ich denke, das Wichtigste ist tatsächlich, einen guten Plan zu haben und möglichst wenig Illusionen. Natürlich hätte es auch schiefgehen können. Aber ein unternehmerisches Risiko trägt man immer.
Was hast du für andere für Tipps, Ängste zu überwinden?
Allgemein sollte man sich vor dem Schritt in die Selbstständigkeit wirklich viel Hilfe holen. Beratungsstellen nutzen, einen Businessplan ausarbeiten. Ich fand die Beratungsangebote besonders der IHK und des Verbandes für Kreativwirtschaft in Bayern als sehr hilfreich. Bestimmt haben auch andere Bundesländer solche Anlaufstellen für Gründer in der Kreativwirtschaft. Dort lernt man, einen professionellen Blick auf die eigene Businessidee zu werfen. Unersetzlich.
Gibt es noch Ängste, wenn du in die Zukunft blickst? Wenn ja, wie wirst du sie angehen?
Natürlich habe ich als alleinverdienender Ein-Frau-Zirkus manchmal Bedenken. Was passiert, wenn mir morgen ein Klavier auf den Kopf fällt und ich nicht mehr für meine kleine Familie sorgen kann? Andererseits: Wenn mir ein Klavier auf den Kopf fällt, hätte ich in jedem anderen Beruf vermutlich auch Pech gehabt.
Ich versuche einfach, wirklich, wirklich gute Arbeit abzuliefern, und vertraue darauf, dass Qualität sich hält und herumspricht. Außerdem stelle ich mich darauf ein, womöglich nicht bis ans Ende meiner Tage den gleichen Stiefel abzureißen (das wäre ja auch eine Horrorvorstellung). Als Selbständige muss man immer ein Ohr am Markt haben und schauen, wohin die Reise geht, welche Dienstleistungen gefragt sind, welche Kommunikationsplattformen entstehen, damit man nicht abgehängt wird.
Außerdem habe ich einen Kreis sehr lieber und treuer Stammkunden. Das gibt mir Sicherheit.
Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei dir aus?
Ich bin eine typische Schreibtischtäterin. Das eigentliche Lektorieren, also die „bezahlte Arbeit“, ist nur ein Teil dessen, was meinen Tag füllt. Üblicherweise stehe ich sehr früh auf und schreibe ein bisschen an meinen eigenen Projekten. Dann hole ich meinen Sohn aus den Federn und sorge dafür, dass er rechtzeitig zur Schule kommt. Ich gehe mit dem Hund, dann setze ich mich an den Schreibtisch und beantworte Mails oder facebook-Anfragen. Den Vormittag über lektoriere ich oder kümmere mich um Administratives (Webseite, Verwaltung, Rechnungen, …). Manchmal muss ich auch der einen oder anderen Autorin telefonisch zur Seite stehen – Schaffenskrisen, Schreibblockaden, Aufregung kurz vor der Veröffentlichung – der ganz normale Wahnsinn halt 😉
Nachmittags jongliere ich dann zwischen Gassi, Haushalt, Coachingterminen und Hausaufgabenkontrolle bzw. anderen Mama-Aufgaben. Abends erledige ich alles, was ich tagsüber nicht geschafft habe – okay, das ist der Plan, manchmal wanke ich auch einfach nur aufs Sofa.
Was rätst du Interessenten, die auch Lektor werden wollen? Wie können sie es angehen?
In den Beruf der Lektorin wächst man hinein. Was man braucht, ist wirklich viel Texterfahrung. Selber zu schreiben kann hilfreich sein, weil man mit den kreativen Prozessen vertraut ist. Man muss allerdings in der Lage sein, die innere Autorin abzuschalten und sich vollständig in „die Schreibe“ der Kundin hineinzudenken. Erforderlich ist eine eigene Schriftstellertätigkeit aber nicht.
Man muss diesen analytischen Blick auf einen Text mögen und draufhaben. Ich habe Germanistik studiert, um ihn zu schulen, aber auch das ist nicht nötig, wenn man sich das „analytische Auge“ auf einem anderen Weg zulegt.
Man muss gleichzeitig ehrlich und diplomatisch sein. Und fleißig. Lektorat ist oft einfach Fleißarbeit.
Über die ADB (Akademie des Deutschen Buchhandels) kann man das Zertifikat „Freier Lektor / Freie Lektorin“ erwerben. Das ist eine Art abgespeckte Berufsausbildung, in der die Grundlagen des Lektorierens, des Argumentierens und der Kundenakquise vermittelt werden. Der Kurs ist nicht ganz billig, kann aber hilfreich sein. Trotzdem ersetzt er nicht die nötige Texterfahrung.
Ich würde jedem raten, über die nebenberufliche Schiene langsam in den Beruf hineinzugleiten und sich ein Netz aus Kontakten aufzubauen, bevor die eigene Existenz an der Lektorentätigkeit hängt.
Was möchtest du in Bezug auf das Schreiben in den kommenden 12 Monaten erreichen?
Ein umfangreicher Fantasyroman steht kurz vor der Fertigstellung. Wenn wir schnell sind, kommt er noch zu Weihnachten; wenn wir nicht ganz so schnell sind, dann zur Leipziger Buchmesse 2015. Mein Wunsch ist, dass dieser Roman seine Fans findet. Ich habe eine großartige, unkonventionelle Heldin, zwei anrührende Romanzen und einen Haufen zu allem entschlossene Weltretter. Zum Glück habe ich außerdem mit Jürgen Eglseer vom Amrûn Verlag einen großartigen Partner an meiner Seite.
Was möchtest du in Bezug auf das Lektorieren in den kommenden 12 Monaten erreichen?
Ich möchte „meine“ Autoren dabei unterstützen, immer bessere Bücher zu schreiben und damit ihren Traum zu leben. Zufriedene Kunden / Kundinnen und erfolgreiche Buchprojekte – eigentlich kann es in den kommenden 12 Monaten genauso weitergehen wie in den vergangenen 12 Monaten. Ich hätte nichts dagegen 🙂
Susanne im Netz
Webseite als Lektorin: http://www.textehexe.com/
Webseite als Autorin: http://www.susanne-pavlovic.de/
Facebook: https://www.facebook.com/Textehexe
XING: http://www.xing.com/profile/Susanne_Pavlovic2