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Marketing Social Media: Ist Vergänglichkeit der neue Trend?
Snapchat, Beme: Vergänglichkeit ist Trend

Social Media: Ist Vergänglichkeit der neue Trend?

Snapchat, Meerkat, Periscope und die neue App Beme setzen alle auf Vergänglichkeit. Ist das der neue Trend im Internet?

Vor kurzem habe ich dir Snapchat vorgestellt, wenige Tage später hatte ich die Livestreaming-Apps Periscope und Meerkat installiert (wenn du Interesse an einem Artikel darüber hast, schreib’s unten in die Kommentare!) und in der vergangenen Zeit machte die App „Beme“ [ausgesprochen: „biem“] vom amerikanischen YouTuber Casey Neistat Schlagzeilen. Alle diese neuen Netzwerke haben eine gemeinsame Grundidee: Die Inhalte sind zeitlich begrenzt abrufbar und danach für immer verloren (sicherlich auf den Servern der Unternehmen zwischengespeichert, aber für den ganz normalen User nicht ohne Weiteres wiederholbar).

 

Woher kommt dieser Drang nach Vergänglichkeit?

 

Social Media gibt es ja noch nicht sooo lange. Gemessen an der Entwicklung des Internets, sind diese wenigen Jahre allerdings schon eine lange Zeit. Schon bevor Facebook in Deutschland richtig Fuß fassen konnte, gab es MySpace oder StudiVZ, die unsere Daten speicherten und wir fütterten die Systeme fröhlich. 4,75 Milliarden (= 4.750.000.000) Inhalte werden beispielsweise täglich bei Facebook hochgeladen (Quelle), mehr als 500 Mio Tweets gibt es täglich bei Twitter (Quelle). Und alle Inhalte bleiben theoretisch so lange es das Internet gibt irgendwie bestehen, selbst wenn man versucht, sie zu löschen. Es ist schwierig geworden, unsichtbar zu werden, denn im Internet sind sämtliche Spuren nachverfolgbar und man muss sich schon gut auskennen, um etwas zu verschleiern.

Dieser Transparenz ausgeliefert, gibt es einige Menschen, die sich wie gelähmt fühlen. Nicht umsonst begegnet man „diesem Internet“ in Deutschland meiner Erfahrung nach an vielen Ecken mehr als skeptisch. Um diese Gefühlsregung aufzunehmen, haben findige Entwickler Systeme wie Snapchat programmiert, die einem genau diese Angst nehmen:

Keinen Grund zur Sorge, deine Daten (Fotos, Texte, Videos) sind vergänglich. Niemand kann dir jetzt, wo du ein erfolgreicher und ernstzunehmender Manager bist, die Partyfotos von 2009 vor die Nase halten 😉

Natürlich lässt sich darüber vortrefflich streiten und so richtig sicher sind diese Apps auch nicht. Zumal man jedes Smartphone abfotografieren könnte …

 

Warum sollte ich wollen, dass meine Fotos verschwinden?

 

Die häufigste Frage, die man sich zunächst stellt, wenn man mit dieser neuen Art sozialer Netzwerke in Berührung kommt, ist: Warum sollte ich das wollen? Oder anders ausgedrückt: „Wenn ich nicht will, dass meine Fotos im Netz sind, dann mach ich keine.“

Hier mal ein paar Gedankenanstöße, warum diese Apps funktionieren:

Man muss sich keine Gedanken darüber machen, ob der Inhalt wichtig genug ist, um gepostet zu werden.

Gerade wer mit dem Bereich Marketing zu tun hat, überlegt häufig zwei- oder dreimal, ob er einen Artikel teilt, was er postet und wie er für seine Leser Mehrwert bieten kann. Daran ist nichts auszusetzen, im Gegenteil (ich komme später darauf zurück). Aber viele User nutzen die App, um auch mal gedankenlos sein zu dürfen. Sie posten ihr Mittagessen, rufen „Laber-Streams“ ins Leben oder verschicken Bilder, bei denen es nichts macht, wenn sie gleich wieder verschwinden. Die Kehrseite beleuchten wir gleich.

Man kann authentischer sein.

Seien wir doch mal ehrlich: Die meisten Menschen, die Netzwerke wie Instagram und Facebook benutzen, schummeln. Wir zeigen retuschierte Fotos (und wenn es nur welche mit Filtern sind! Facetune und VSCO will ich an dieser Stelle mal nur halb erwähnen 😉 ), posten Urlaubsbilder, wenn alle anderen im verregneten Deutschland sind, bejubeln unsere Erfolge und verschweigen zu 98 % unsere Misserfolge – und wenn wir doch darüber sprechen, dann wollen wir Mitleid oder wenigstens Mitgefühl. Ich nehme mich da nicht raus.

Im „neuen Social Web“, wie es teilweise genannt wird, kann man Bilder nicht mehr bearbeiten, bevor sie verschickt werden. (Hinweis: Okay, so lautet zumindest die Grundidee. Natürlich wird es immer Entwickler geben, die Apps programmieren, die die Mechanismen wieder umgehen, wie es beispielsweise mit „Snap Up“ schon möglich ist. Aber wir diskutieren ja die Grundidee.) Somit wird ein realistischeres Bild der postenden Person gezeigt. Man sieht Pickel, Augenringe, teilweise ungemachte Haare und Menschen in Schlafanzügen (okay, das kommt natürlich darauf an, wem man so folgt …). Ich hatte sogar mal einen nackten Menschen dabei, was mich irgendwie verstört hat, aber das ist wohl ein anderes Thema.

Man fühlt sich „näher dran“

Möglicherweise ein Fake-Argument, aber so ist es eben: Wenn ich mir Videos von z.B. Lena Meyer-Landrut anschaue, dann fühlt es sich distanzierter an als wenn ich sie über Snapchat verfolge. Warum? Bei Snapchat nimmt sie mich mit durch ihren Tag. Ich sehe Dinge, die maximal 24 Stunden alt sind. Natürlich ist nicht alles davon relevant, aber wann immer ich keine Lust mehr darauf habe, kann ich es abbrechen. Die gefühlte Distanz zwischen den Usern verringert sich jedenfalls subjektiv beim Nutzen dieser Netzwerke.

 

Deine Chance: Mehrwert bieten!

Ich habe ja eben gesagt, dass man im Bereich Marketing immer versucht, seinen Lesern (Followern, Freunden, …) Mehrwert zu bieten und das bei Apps mit Vergänglichkeitsmodus häufig nicht der Fall zu sein scheint.

Das könnte allerdings auch genau unsere Chance sein!

Jetzt sind diese Systeme noch in der Entstehung. Es wird neu ausgewürfelt, wem es sich zu folgen lohnt und jetzt, am Anfang, besteht noch die Chance, mit guten und hochwertigen Beiträgen aufzufallen. Auch wenn diese Beiträge nur kurze Zeit existieren: Dein Name, deine Marke und du als Person bleiben im Gedächtnis. Wenn du es schaffst, den Gedanken „Oh, toll, XY hat wieder etwas gepostet!“ zu erwecken, dann wird dir auch die eine oder andere Werbung nicht übel genommen und du bekommst sogar neuen Einfluss auf ein neues „Publikum“. Somit erweiterst du auch im zweiten Schritt deinen Leserkreis.

Ein schönes Beispiel, wie man Snapchat dafür nutzen kann, findest du hier: Museum of Art

 

Vergänglichkeit ist Trend

Vergänglichkeit ist Trend!

 

Die Kehrseite der Medaille: Obszöne Fotos und nervige Werbung

 

Aber wie immer ziehen neue Plattformen auch altbekannte Ärgernisse an. Dadurch, dass man Fotos oder Videos nur für kurze Zeit sieht, ist meiner Meinung nach viel Raum für Missbrauch gegeben. So habe ich selbst bereits zwei Nacktfotos zugeschickt bekommen, ohne, dass ich mich irgendwie wehren konnte (denn man sieht ja vorher nicht, was man gleich sehen wird). Ich könnte daraufhin nur noch Snaps von mir bekannten Personen zulassen und alle blocken, die mich nerven, aber das ist natürlich Arbeit und eigentlich nicht die Taktik, mit der ich Snapchat oder Beme nutzen will.

Zweitens kann man auch dort der Werbung nicht entkommen. Ich gebe natürlich offen zu, dass ich selbst Werbung für meine Bücher, den Blog und meine Kurse machen will, aber gleichzeitig will auch ich selbst nicht zugespammt werden. Auch hier wird es also heißen: Ausmisten! Und genau wie bei Twitter und Facebook werde ich Leute aus meinem Sichtfeld katapultieren, die mit Werbung nur so um sich schmeißen.

Dadurch, dass es so einfach ist, auf die Schnelle Fotos und Videos zu verschicken, könnten manche Menschen dazu geneigt sein, Dinge zu filmen und ins Netz zu stellen, die man unter anderen Umständen nicht online posten würde. „Sieht man ja nur für höchstens zehn Sekunden und dann ist es weg.“ Ist nur leider ja nicht immer so.

 

Fazit

 

Was soll uns der ganze Hype nun also sagen?

Früher wurde sich darüber aufgeregt, dass alles im Netz bleibt. Heute regt man sich teilweise darüber auf, dass Fotos und Videos nur so kurz verfügbar sind. Was auf jeden Fall zu beobachten ist: Der Trend geht stark zum Visuellen und weg vom geschriebenen Wort. Als Schriftsteller kann man sich diesen Trend zu nutze machen, indem man vermehrt Ausschnitte von Lesungen aufnimmt, Geld in hochwertige Buchcover steckt und diese zeigt und sich vor allen Dingen selbst präsentiert – einem Autor mit Gesicht und Leben schenkt man viel mehr Vertrauen als einem gesichtslosen Namen. It’s all about being seen, baby.

 

Jetzt will ich aber wissen, was du denkst.

Ich meine, ich bin ja jemand, der immer sofort alles ausprobiert und allem und jedem eine Chance gibt. Die Idee der Vergänglichkeit ist im Social Media neu und deshalb interessant. Was denkst du über diese Entwicklung?

 

Annika Bühnemann hat eine Mission: kreative Frauen wie dich dabei zu unterstützen, endlich ihr eigenes Buch zu schreiben. Mehr noch: Sie hilft dir, durch Journaling zu der Person zu werden, die erreicht hat, was du dir wünschst. Annika ist multipassioniert, enthusiastisch und hochmotiviert, mit denjenigen zu arbeiten, die sich von ihr anstecken lassen. Auf dass du mit dem Kopf in den Wolken hängst und fest mit der Erde verwurzelt bleibst!

Comments

  • 30. Juli 2015

    Ja, sicher ein interessantes Thema. Doch nicht alles, was neu auf dem Markt ist, muss gut bzw. besser als das alte sein. Es gibt auch die These, das was sich bisher bewährt hat, ist gut. Es ist auch sicher nicht jeder Mensch ein Fan dieser „Schnelllebigkeit“, wie es snapchat wohl ist. Schnell wieder weg = schnell wieder vergessen? Für mich wäre es nichts, ich setze lieber auf Dinge, die „bleiben“ und überlege mir in Ruhe, was ich poste. Deine Beiträge finde ich übrigens im Blog schöner zu lesen.

  • 30. Juli 2015
    Ingo Hampe

    Wie meistens eine Typfrage: Ich bin nur eine bestimmte Zeit in den Social Medien unterwegs und lasse sie dann bis zum Nächsten Tag ruhen. Das ich etwas verpasse gehört eben dazu. Stört mich auch nicht weiter, ich finde meistens etwas, das mich interessiert und ich präsentiere mich sehr reduziert. Die Vergänglichkeit ist bei Twitter und Facebook auch gegeben, dadurch, dass ältere Beiträge einfach aus dem Sichtfeld verschwinden.
    Ich würde gerne deine Blogeinträge als E-Mail lesen. Mein E-Mailprogramm präsentiert sie mir als schmucklosen Text, was mich dabei aber stört, ist, dass Links für Bilder oder ähnliches ganze Absätze füllen.

  • 29. Juli 2015
    Daniela

    Das Thema finde ich wahnsinnig spannend. Ich hatte mich nsh deinem Snapshot Artikel mal kurz angemeldet, aber schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist. Das es schnell wieder verschwunden ist, fühlt sich bei mir nach Zeitverschwendung an.
    Du wolltest wissen, ob ich deine Artikel lieber als Email lese oder in deinem Blog. Du siehst, ich antworte dir im Blog. Ich lese auch gerne Kommentare und lese auch gern mal weiter zu anderen Artikeln. Bin gespannt, wie andere Leser dsrübrr denken.

  • 29. Juli 2015
    Evy

    Interessantes Thema, mit dem du dich beschäftigst. Und nach deinen Vorteilen bekommt man wirklich Lust, das mal auszuprobieren. Aber ich sehen folgende Probleme:

    Künstliche Verknappung – es wird ein Produkt erschaffen, dass nur temporär verfügbar ist. Dadurch gerate ich als Konsument unter Druck – entweder ich mache mit oder ich verpasse vlt. etwas Tolles.

    Gruppenzwang – einige Blogger/YTer halten ihre Leser per Instagram oder ähnlichen Tools auf dem Laufenden und betonen auch ständig, man möge das bitte abonnieren, oder sie lassen das beiläufig fallen „Wer mir auf XY folgt, weiß das schon…“ (du folgst mir nich – pech gehabt!) oder noch netter „Ich hatte das auf XY schon erklärt und möchte das hier nicht nochmal tun…“ (sry, echt!). Als Konsument muss man sich entscheiden: Wählt man NUR die Beiträge mit Inhalten oder interessiert man sich VIEL für das öffentliche Privatleben der Ersteller? Dazwischen zu existieren finde ich als Konsument schwer.

    Außerdem finde ich es schade, wenn Inhalte aus dem Internet verschwinden – ich hätte gerne die Kontrolle darüber, was bleiben kann und was ich löschen möchte.

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